Die Rechtsanwältin Haneen Naamnih über die geplante Vertreibung der Beduinen aus der Negev-Wüste

Die israelische Palästinenserin Haneen Naamnih ist Juristin und Mitarbeiterin des Internetmagazins www.jadaliyya.com. Über die Pläne der israelischen Regierung, die Beduinen aus der Negev-Wüste auszusiedeln, sprach mit Haneen Naamnih für »nd« Rolf-Henning Hintze.

Es gibt einige Abmilderungen am ursprünglichen Prawer Plan, inzwischen heißt er Begin-Plan.
Ja, Begin ist ein Knesset-Abgeordneter, der den Gesetzentwurf vorbereitete. Doch das Prinzip ist geblieben, auch die Fünfjahresfrist.

Die SPD hatte die Idee, Israel zum 65. Staatsjubiläum die Anpflanzung eines Wald in der Negev zu schenken. Wie sehen Sie das?
Es ist nichts Neues. Dieser Wald entsteht in Zusammenarbeit mit dem JNF, dem Jüdischen Nationalfonds. Der JNF wurde 1901 gegründet, um Land für den Gebrauch nur von Juden zu kaufen und später auch für die Aufforstung von Land, auf dem Ruinen palästinensischer Dörfer standen. Damit sollte die Rückkehr in die Dörfer verhindert werden. Das Anpflanzen eines Waldes schafft irreversible Tatsachen. Das wurde seit 1948 auch in der Negev praktiziert.

Wie beurteilen Sie das Geschenk der SPD?
Es ist unerwünscht, wir brauchen solche Geschenke nicht. Palästinenser brauchen sie nicht. Offensichtlich sieht die SPD, die ein solchen Geschenk macht, die Palästinenser nicht. Für sie existieren die Palästinenser dort nicht, und das ist die gleiche Logik wie die der zionistischen Bewegung, die nicht die einheimische Bevölkerung sieht. Für sie war es ein leeres Land. Das haben alle kolonialen Siedlerbewegungen der Welt gemeinsam.

Sie sprechen davon, dass die Nakba (Katastrophe) nicht beendet sei. Was meinen Sie damit?
Die Nakba von 1948 war kein einmaliges Ereignis. Die Invasion des Siedlerkolonialismus ist etwas Strukturelles. Diskriminierung und Umsiedlung hat es seit 1948 gegeben. Auch wenn es jetzt keine physische Verdrängung ist, so bedeutet es für die, die 1948 geblieben sind und später die israelische Staatsbürgerschaft bekamen, die Beschneidung ihrer Rechte. Sie mussten 20 Jahre unter israelischer Militärverwaltung leben, und danach wurden sie erneut diskriminiert. Sie verloren etwa 60 Prozent ihres Landes. Die Nakba hat nie aufgehört. So lange Israel als Siedlerkolonie besteht, ist sie da. Für uns ist die Nakba jeden Tag da.